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Nach Einschätzung von Prof. Dr.-Ing. Jochen Arthkamp spielt Erdgas weiterhin eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung.

Erdgas: mehr als nur eine Brücke zur Energiewende

Beim Übergang in das Zeitalter der Energieversorgung aus regenerativen Quellen stehen Erdgastechnologien im Fokus. Erdgas ist der emissionsärmste konventionelle Energieträger und in großen Reserven vorhanden. In der Anwendung ist es effizient und leistungsfähig sowie flexibel mit anderen Technologien kombinierbar. Daher sehen Experten für Erdgas auch Perspektiven weit über die Brückentechnologie hinaus.

„Diese Brücke wird so schnell nicht wieder abgebaut“, ist sich Prof. Dr.-Ing. Jochen Arthkamp von der Fachhochschule des Mittelstands FHM Tec Rheinland sicher. Auch wenn sich erneuerbare Energien technisch stark entwickeln, muss die Energieversorgung durch konventionelle Energieträger ergänzt und gesichert werden. Vor allem Gaskraftwerke sollen Schwankungen bei Wind-, Solar- und Wasserkraft ausgleichen.

Die Kernkraftwerke gehen bis zum Jahr 2022 vom Netz und der Ausstoß des Treibhausgases CO2 soll trotzdem deutlich reduziert werden, in NRW zum Beispiel laut Klimaschutzgesetz um 25 Prozent bis 2020. Um diese Ziele zu erreichen, muss Energie gespart und effizienter eingesetzt, außerdem müssen mehr CO2-arme Energieträger und erneuerbare Energien genutzt werden. Heute decken Braun- und Steinkohle noch 45 Prozent des Strombedarfs, weitere 16 Prozent tragen die Kernenergie, 11 Prozent Erdgas und 22 Prozent regenerative Energien bei.

Geänderte Bedeutung für Erdgas

Prof. Arthkamp blickt als Experte für Energieanlagentechnik auf moderne und variable Kombilösungen bei der Energiegewinnung. Energieeinsparungen, die Kombination konventioneller mit regenerativen Energieträgern, ein optimiertes Nutzerverhalten und als abschließende Maßnahme bessere Wärmedämmungen ändern die Bedeutung des Erdgases für den Wärmemarkt. Künftig könnte der Brennstoff zunehmend zur Stromerzeugung in KWK-Anlagen und auch zur Kälteerzeugung eingesetzt werden. Neben dezentralen Versorgungseinheiten unterschiedlicher Größe ist Erdgas auch sehr effizient in zentralen Großkraftwerken einsetzbar. „Letztere können jedoch aufgrund der vorgegebenen Rahmenbedingungen derzeit wirtschaftlich kaum sinnvoll eingesetzt werden. Hier ist die Politik gefordert, um diese emissionsärmsten Kraftwerke gegenüber Konkurrenzenergieträgern wieder wettbewerbsfähig zu machen“, fordert Jochen Arthkamp.
Und gut ausgebaute Erdgasleitungsnetze sowie -speicher können zukünftig über die Technik „Power to Gas“ (bei der regenerativ erzeugte elektrische Energie in Erdgas umgewandelt wird) die Integration erneuerbarer Energien verbessern.

Verbesserte Energieeffizienz

„Erdgasheizungen mit modernen Kesseln bieten große Einsparpotenziale, da sie höhere Wirkungsgrade aufweisen als früher“, erläutert Arthkamp. Es muss immer weniger Energie für die gewünschte Nutzenergie eingesetzt werden. Und durch witterungsgefu?hrte Regelungen erzeugen Heizungen nur so viel Wärme, wie wirklich benötigt wird. Niedertemperaturkessel zum Beispiel erreichen Wirkungsgrade von durchschnittlich 93 Prozent. Erdgasbrennwertgeräte nutzen zusätzlich Abgaswärme. Der bei der Gasverbrennung entstandene Wasserdampf wird abgekühlt, kondensiert und setzt Wärme frei wird. Erdgasbrennwertkessel haben dadurch rechnerisch sogar Wirkungsgrade von mehr als 100 Prozent. Das liegt daran, dass die Wirkungsgrade bezogen auf die Energienutzung ohne Brennwertnutzung berechnet werden.

Kombinierte Erzeugung
Erdgasbrennwertheizungen können gut mit Solarthermie kombiniert werden. „Die solare Warmwasserversorgung ist eine der kostengünstigsten Maßnahmen, die Anforderungen des EEWärmeG zu erfüllen“, so Arthkamp. Die Sonnenenergie kann gespeichert werden, um (je nach Größe der Solarkollektoren und des Speichers) einen nennenswerten Anteil des Bedarfs für die Trinkwassererwärmung und zum Teil auch für die Raumbeheizung bereitzustellen. Die Erdgas-Brennwerttechnik unterstützt die regenerative Energieversorgung, wenn diese nicht ausreicht. Bei der Stromerzeugung in Großkraftwerken geht der größte Teil der eingesetzten Energie ungenutzt als Abwärme verloren. Besser ist die dezentrale, gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme mit der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), mit der sich Wirkungsgrade von über 90 Prozent erreichen lassen. KWK-Verfahren sind in Industrie, Handel, Gewerbe, Kommunen, der Wohnungswirtschaft, in Krankenhäusern usw. seit Langem etabliert. Mit den sogenannten stromerzeugenden Heizungen stehen jetzt auch kleine Geräte für Ein- und Zweifamilienhäuser zur Verfügung, die ebenfalls mit Erdgas versorgt werden. Eine Sonderform der Kraft-Wärme-Kopplung sind die Brennstoffzellen. Auch hierfür kann Erdgas als Brennstoff ideal eingesetzt werden, da es viel Wasserstoff enthält. Beim Betrieb werden hohe elektrische Wirkungsgrade erzielt. „Diese Technik ist weit entwickelt und wird erfolgreich in Feldtests eingesetzt“, sagt Arthkamp. „Sie wird noch weiterentwickelt und in einigen Jahren auch kostengünstiger.“ Eine weitere Einsatzmethode für Erdgas sind Gaswärmepumpen. Dabei werden Umweltwärme und mit Erdgas betriebene Motoren oder Absorptionstechniken genutzt, um Gebäude sehr effizient zu heizen und zu kühlen. Als Wärmequellen sind beispielsweise die Umgebungsluft, Wasser und Bodensonden einsetzbar.

Zukunftsgerichtete Infrastruktur

Ein besonderer Vorteil von Erdgastechnologien ist indes prinzipiell die zukunftsgerichtete Infrastruktur. Denn Erdgas wird nicht nur aus Lagerstätten gefördert, sondern kann auch aus nachwachsenden Rohstoffen entstehen. Die Stadtwerke Essen AG bietet bereits Bio-Erdgas an, das ganz normal als Brennstoff eingesetzt werden kann. Bio-Erdgas besteht wie Erdgas hauptsächlich aus Methan. Der aus Biomasse wie Gülle, Bioabfällen und Pflanzen gewonnene regenerative Energieträger wird in einem aufwändigen Prozess auf Erdgasqualität veredelt und ins Erdgasnetz eingespeist. Wird es verbrannt, entweicht nur so viel CO2, wie zuvor beim Herstellungsprozess aus der Luft gebunden wurde. Damit weist dieses Verfahren eine ausgeglichene CO2-Bilanz auf. Davon profitieren sowohl Umwelt als auch Bauherr, Eigentümer und Verwalter, die auf diese Weise bequem die Richtlinien der Energieeinsparverordnung (EnEV) einhalten.